Archiv der Galerie Kienzle & Gmeiner (1997-2010)
François Joseph Chabrillat
1. Juni - 21. September 2002
Heute werden Authentizität und Aura des Kunstwerkes garantiert durch den Katalog, den Bildband, das Magazin, allesamt vorherrschende Formen der Rezeption und des Zugriffs auf die Kunst.
Seit 15 Jahren arbeitet Chabrillat, 1960 in Clermont – Ferrand geboren, an dieser Erkenntnis, die seiner gesamten Kunstproduktion zu Grunde liegt. Chabrillat hat Bildende Kunst in Clermont – Ferrand studiert und gehörte zur ersten Generation der Solitude- Stipendiaten in Baden – Württemberg von 1990 – 91. Nach fast 10 jährigem Aufenthalt in Stuttgart kehrte er nach Clermont – Ferrand zurück, wo er heute lebt.
Seit über 15 Jahren arbeitet Chabrillat kontinuierlich mit der von ihm selbst entwickelten Drucktechnik an einem einzigen Projekt, einer Kritik der Kunst von heute. Indem er Abbildungen von Kunstgegenständen und Situationen interpretiert behauptet Chabrillat eine neue Perspektive. Mit seinen Druckserien produziert Chabrillat kein Plagiat, sondern eine Interpretation, die Deformation einführt, die ihrem Objekt, den Bildern, die er zitiert und kopiert, eine Verzerrung auferlegt und dabei die Kategorien der Konzeptkunst subvertiert. So wird der Text zur Verzierung und Erweiterung des Motivs.
Chabrillats eigentliches Modell ist das traditionsreiche Emblem. In der Druckserie „Winnetou“ steht der Held von Karl May als Allegorie für die Praxis der Kunst und für deren Ideal. Die Methapher zieht sich durch die 36 Bilder der Serie.
Die Kunstwelt wird als Wilder Westen dargestellt und jeder Akteur der Kunstszene nimmt dazu eine Position ein. In der Tradition der Embleme bewegt sich Chabrillat zwischen Satire, Kritik, Polemik, Deutung und Bewunderung. Er setzt ein Publikum voraus, das mit der Kunstwelt vertraut genug ist, um den Geist und Witz der Rätsel zu goutieren (Zit. nach J. B. Joly).
Das Dilemma dieses Publikums ist offensichtlich: Der strikte Bezug auf konzeptuelle und kontextuelle Positionen widerspricht scheinbar der in traditioneller Manier hergestellten Druckgrafik. Der am modischen Media – Display geschulte Rezipient erschrickt angesichts der Zumutung dieser letztlich unspektakulären Zugriffs auf Handwerk und Traditionen. Doch Chabrillat macht unmissverständlich deutlich, was Popart, Minimalart, Konzeptkunst und alles, was danach hervorgebracht wurde, von den überbordenden Bild – Text- Objekt-Produktionen der Medienwelt unterscheidet: Der metaphorische Bezug auf die Tradition der Kunst.