Archiv der Galerie Kienzle & Gmeiner (1997-2010)

Die Verfassung der Bilder

Elmar Zimmermann

13. August - 10. September 2005

 „Wo ist der Mittelpunkt, die Achse, der Pol, das vorherrschende Interesse, die feste Position, die absolute Struktur oder das entschiedene Ziel?
 Das Bewußtsein wird immer nach außen geworfen, auf unnachvollziehbare Flugbahnen, die uns schwindelig machen.“
(aus: Robert Smithson: Ein Museum der Sprache in der Nachbarschaft der Kunst, 1968)

Zuerst einmal das Material. Verschiedenste Qualitäten treffen aufeinander, Stoffe entlegener Provenienz scheinen mit  Banalem, mit ganz Alltäglichem, sagen wir, ausgediente Dachlatten oder Neonröhren, zu kollidieren. Die Arbeiten von Elmar Zimmermann, obwohl immer präzise in Form und Aussehen definiert (und zudem über Platzierung im Raum installativ verankert), weisen Brüche und Nahtstellen auf. Sie halten die Elemente, woraus sie zusammengesetzt, sind – was heißen kann, dass sie eher arrangierte, manchmal deutlich so gebaute Zustände annehmen – zueinander in der Schwebe.

Was zuerst nach Traditionslinien, nach den Geschichten von Ready-made oder Objet trouve klingt oder möglicherweise die Erinnerung an eine nur allzu gut bekannte von den Surrealisten wieder nutzbar gemachte Formel für Schönheit aufrufen könnte – nun: Zimmermann kalkuliert  sicherlich sehr genau mit dem Eigenleben seines Fundus an Fundstücken. (Der hält sichtlich handgezimmerte Modell-Schiffchen – von der Straße aufgelesen – parat, ein Puppenhäuslein oder das Oberteil eines Brutkastens, was Elmar mit viel Respekt für das Ding an sich in seine Entscheidungen mit hinein nimmt. Anderes, wie diverse Mallappen von Kollegen oder ein alt gewordener Sonnenschirm, werden eher als Ressource ‚ad libitum‘, als Rohmaterial erkannt, dann allerdings in einem zielorientiert entschiedenen Transformationsprozess etwa zu einem signet-haften Tafelbild umgeformt, bei dem povere Auftrenn- und Näharbeiten zusammen mit unmalerisch-rohem ‚Anstreichen‘ haarscharf an den Grenzen zur Bastelei vorbei ins Resultat ‚Bild‘, dort wo es womöglich sogar Kunst sein kann, münden.)

Wenn man darüber zu sprechen versucht, wie die verdammte Attraktivität von Zimmermanns Arbeiten zustande kommt, wird neben dem naheliegenden Aspekt ‚Material‘ noch ein weiterer, daran in gewisser Weise anschließender Punkt wichtig. Denn natürlich haben seine Materialien ihre jeweils eigenen Geschichten inkorporiert. Geschichten, die nur mehr rudimentär bezifferbar sind, sobald Funktionszuschreibungen unklar oder Nutzungsbedingungen schlicht nicht mehr zu erschließen sind. Da wird Geschichte zur Oberfläche, einer Art Patina, die Elmar Zimmermanns Arbeiten immer mit transportieren, teils nur zugelassen, manchmal hingegen geradezu in Szene gesetzt. Immer jedoch mit einem homogenisierenden Effekt. Und der hält das Heterogene und Disparate, die Schwebelagen und Bruchstellen in den Bildern und Objekten, den installativ ausfransenden Settings für die schnellere Wahrnehmung erst mal zusammen, bevor sich gerade daran wieder Fragen entzünden, Klärungsbedarf entsteht. Denn woraus diese Arbeiten sind und wie sie sind, zeigt längst nicht auf, was sie sind.

Um es bei Andeutungen zu belassen. Elmar Zimmermann ist Retro-Futurist und Mineraloge, als Künstler scheint ihm metallisches Glas genauso nahe zu liegen wie die „Frage, ob sie Partikel oder Welle sei“; entsprechend der Titel einer mehrteiligen Installation, die rostendes Farbfeld und wärmendes Licht um eine elegant gezerrte, teils reflektierende Geometrie lagern – wie wenn im Zuge archäologischer Forschungen in rund dreihundert Jahren (von heute an) eine Buckminster Fuller-Versuchsanordnung mit den traurigen Resten einer Hühnerfarm nach einem (vermeintlichen) Rezept aus Robert Smithsons „Collected Writings“ wiederhergestellt werden sollte. Und von da her erschlossen werden müßte, was zu Anfang des 21. Jahrhunderts die Konstruktion Kunst möglicherweise bedeutet haben könnte…

Zum Schluss: Wie es mit der „Verfassung der Bilder“, der Kunst der Gesellschaft aussieht? Was fragen Sie mich das.

Hans-Jürgen Hafner © 07/2005

Ausstellungsansicht | Die Verfassung der Bilder | Elmar Zimmermann

Galerie Kienzle&Gmeiner, Ausstellungsansicht Elmar Zimmermann

Ausstellungsansicht | Die Verfassung der Bilder | Elmar Zimmermann

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Galerie Kienzle&Gmeiner, Ausstellungsansicht Elmar Zimmermann

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Ausstellungsansicht | Die Verfassung der Bilder | Elmar Zimmermann

Galerie Kienzle&Gmeiner, Ausstellungsansicht Elmar Zimmermann

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Galerie Kienzle&Gmeiner, Ausstellungsansicht Elmar Zimmermann

Ausstellungsansicht | Die Verfassung der Bilder | Elmar Zimmermann

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Galerie Kienzle&Gmeiner, Ausstellungsansicht Elmar Zimmermann

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Galerie Kienzle&Gmeiner, Ausstellungsansicht Elmar Zimmermann

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Galerie Kienzle&Gmeiner, Ausstellungsansicht Elmar Zimmermann

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Galerie Kienzle&Gmeiner, Ausstellungsansicht Elmar Zimmermann

Ausstellungsansicht | Die Verfassung der Bilder | Elmar Zimmermann