Archiv der Galerie Kienzle & Gmeiner (1997-2010)
Welt (oh, no!)
Jesko Fezer | Axel John Wieder
16. April - 7. Juni 1999
Axel Wieder und Jesko Fezer stehen unter den jüngeren Künstlern für eine Richtung, die bisher in Berliner Galerien noch nicht häufig zu sehen war. Zwar steht die Stadt international für einen kritischen Kunstbegriff, an den z. B. die „berlin biennale“ anzuschließen versucht hat. Die Ausstellungen und Ereignisse, auf die dieser Ruf gründet, suchen sich jedoch meistens ihre eigenen Räume und ihre eigene Öffentlichkeit. Dadurch ist es in Berlin zu einer Situation gekommen, in der bis auf wenige Ausnahmen Überschneidungen zwischen „ Galeriekunst“ und dem täglichen, aktuellen Kunstgeschehen nicht stattfinden. Die Galerie Kienzle & Gmeiner setzt seit ihrer Wiedereröffnung mit Ketty La Rocca in den neuen Räumen in Charlottenburg auf eine Verhandlung zwischen historischen und aktuellen Beispielen einer als subjektive Repräsentationskritik zu bezeichnenden Arbeit und den Gegebenheiten einer Galerie.
Axel Wieder und Jesko Fezer arbeiten auf verschiedenen Terrains. Das schließt zum einen Ausstellungen im Kunstraum, aber auch Publizieren, Projektarbeit (im Rahmen der kritischen Architektinnengruppe Freies Fach oder des Projektes Baustop.Randstadt), Musik und Arbeiten im öffentlichen Raum (bis hin zum Vorfilmprogramm der Kinos) mit ein. Inhaltlich hat sich der Blick auf die Welt ( oh, no!) zu einem Blick auf Stadt / Architektur verdichtet. Stadt erscheint darin aber weder als Plan noch als abbildbares Raumgefüge gesellschaftlicher Verhältnisse, sondern als politische Konstellation, aus der heraus sich wieder Versatzstücke beziehen, neu zusammenstellen und neu deuten lassen. So ein Versatzstück ist ein von der irischen Designerin und Architektin Eileen Gray entworfenes Sofa. Gray prägte knapp nach dem ersten Weltkrieg einen ganz eigenen Modernismus-Begriff. Das Sofa steht nun im Galerieraum als ein Möbelstück, das zwar immer noch verkauft wird, niemand aber so recht haben möchte, weil es sich nach der Moderne als zu klein herausgestellt hat. Mit diesem Sofa kommen verschiedene Assoziationsflächen in die Ausstellung. Der Bezug auf die Person Eileen Gray platziert weitere Bezüge zu geschlechtsspezifischer Geschichtsschreibung, dem Privaten als gesellschaftliches Verhältnis und diverser Funktionlogiken im Postfordismus in der Galerie. Die Galerie ist einer vieler möglicher Orte, auf diese Bezüge zurückgreifen.
Die Ausstellung ist in sich eine Erzählung über Beschäftigung mit einem Thema und dem Schwanken dabei zwischen interessanten Phänomenen, Analyse und Information/Feldarbeit, bei der, wie es Kritikerinnen formulieren, das eigentliche Feld der Kunst verlassen wird. Die Frage nachdem Thema ist die frage nach der Ausstellbarkeit, der Funktion einer visuellen Repräsentation von gesellschaftlichen Themen, dem Stellenwert von Information und deren Abbildbarkeit.