Archiv der Galerie Kienzle & Gmeiner (1997-2010)
Peter Zimmermann
5. September - 22. Oktober 1997
Ein Reiseführer ist ein Reiseführer und Malerei ist Malerei und beides ist Illusionsproduktion und ein Kulturversprechen? Eine Schachtel ist eine Schachtel und ihre Beschriftung kann ebenso wenig Garantie über den Inhalt leisten wie die Schachtel selbst? Ein Plakat ist ein Plakat und informiert über einen öffentlichen Sachverhalt? Ein Text über Kunst ist ein Text über Kunst und informiert über einen Sachverhalt in der Kunst?
Dass Alltagsobjekte immer „Eigentlich auch anders“ sein können, (so der Titel einer Arbeit von Zimmermann) ist als Strategie der Dekontextualisierung in der Kunst heute geläufig und hat sich inzwischen auch in der Wahrnehmung des Alltags als kollektives Bewusstsein einer Ästhetisierung der ganzen Lebenswirklichkeit etabliert.
Zimmermann arbeitet mit diesem Spannungsverhältnis zwischen inhaltlichen Referenzen und formaler Gestaltung und entwickelt es weiter im Hinblick auf eine bewusste Perspektivierung der Wahrnehmung des Betrachters. Indem er diese Elemente gegeneinander laufen lässt, entstehen wechselnde Fokussierungen zwischen den einzelnen Teilen. Zwischen einem fortlaufenden Text etwa und unterschiedlichen Plakaten, zwischen inhaltlichen Assoziationen und einem vorgefundenem Layout, zwischen der Gleichzeitigkeit der Bildelemente und dem Nacheinander des Lesens. Die dadurch erzwungenen Standortwechsel thematisieren die Rolle des Betrachters und machen ihn sozusagen zum Beobachter seiner Beobachtungen.
In seinen neuen Arbeiten unterwirft Zimmermann Versatzstücke seiner Schachteln und Plakate einem erneuten Umformungsprozess. Da diese Arbeiten zum Teil auch in digitaler Form vorliegen. Bearbeitet er diese Materialien mit einer eigens dafür erstellten Software in speziellen Prozeduren des Mixens. Auf diese Weise wird Zufall selbst als Funktion eines Programms sichtbar gemacht. Die Ergebnisse, die auf Papier oder Leinwand gedruckt werden, wissen um ihre „Zufälligkeit“ und reflektieren somit den kontingenten Status, in welchem sie sich befinden. Sie thematisieren ihre eigene Verzeitlichung, indem sie eine Schleife einbauen, mit deren Hilfe Räume für die Frage nach ihrer eigenen Aktualität geschaffen werden.